Operngala am Sonntag 26. Juli 2020
Ein besonderes Konzert in besonderen Zeiten
Mit Hürden und Improvisation: Die Jungen Münchner Symphoniker spielten als erstes Laienorchester nach der Corona-Pause im Herkulessaal der Residenz
Von Veronika Wulf
Seit Jahrzehnten spielen die Jungen Münchner Symphoniker vier Programme im Jahr – und noch nie ist ein Konzert ausgefallen. „Das war unvorstellbar“, sagt Bernhard Koch, der Dirigent des Laienorchesters aus der Landeshauptstadt. Doch dieses Jahr kam alles anders. Wie so vielen Musikern, Künstlern und Schauspielern hat die Corona-Pandemie auch den Jungen Münchner Symphonikern den Frühling und Sommer durchgewirbelt. Nachdem das Frühjahrskonzert im Mai als erstes Konzert in der Geschichte des Orchesters abgesagt werden musste, ging für die Mitspieler das Warten weiter: Wann dürfen Gruppen wieder gemeinsam musizieren? Wann sind wieder Veranstaltungen mit Publikum erlaubt? Wird das nächste Konzert, die Operngala im Sommer, stattfinden können?
„Ich habe mir wahnsinnig den Kopf zerbrochen“, sagt Bernhard Koch. Mehrmals telefonierte er mit dem Bayerischen Musikrat, mit dem Landesverband Bayerischer Liebhaberorchester, es wurden Eilanträge gestellt, doch die Landesregierung ließ mit einer Antwort auf sich warten. Der Konzerttermin rückte näher und Bernhard Koch überlegte hin und her: Welche Besetzung kriegen wir zusammen, wie viele und welche Stücke sind noch machbar in der übrigen Zeit?
Dann, knapp fünf Wochen vor dem Konzert, kam die Meldung vom Bayerischen Staatsministerium: Proben sind wieder erlaubt. Allerdings mit Auflagen: Alle Mitspielerinnen und Mitspieler müssen eineinhalb Meter Abstand halten und alleine am Pult sitzen, wer nicht am Platz sitzt, muss eine Maske tragen, es muss regelmäßig gelüftet werden… Für die Jungen Münchner Symphoniker bedeutete das vor allem: größere Probensäle mussten her.
Als Bernhard Koch nach vielen weiteren Telefonaten einen fand, ging Mitte Juni endlich das Proben los. Es war ungewohnt, ohne Nebensitzerin oder Nebensitzer zu spielen, gemeinsam und doch für sich zu musizierne – doch Hauptsache wieder mehrstimmig. In der Hälfte der sonstigen Vorbereitungszeit übte das Orchester das neue Programm ein: zwölf Ouvertüren, Arien und Duette aus bekannten Opern – von Mozarts „Entführung aus dem Serail“ über Rossinis „Cenerentola“ bis hin zu Verdis „La Traviata.“
Währenddessen ging das Hoffen weiter, denn bis Anfang Juni waren Konzerte mit Publikum noch verboten. Mitte Juni erlaubte die Regierung 100 Zuschauer, bald darauf 200. Zur Operngala der Jungen Münchner Symphoniker im Brunnenhof der Residenz in München kamen in den vergangenen Jahren 700, 800, teilweise sogar mehr als 900 Zuschauer. Die frische Luft wäre gerade in diesem Coronasommer gut gewesen, doch das Konzert musste nach Drinnen verlegt werden; zu teuer wäre es für das Laienorchester gewesen, die Kosten für die Konzertbühne allein zu stemmen, die sich sonst 50 Ensembles teilen.
So kam es, dass aus einer großen Operngala unter freiem Himmel, zwei kleinere Galas im Herkulessaal wurden, die nacheinander stattfanden. Als die Jungen Münchner Symphoniker mit der Sopranistin Carmen Sanchez-Piva und dem Tenor Rodrigo Trosino am 26. Juli – allesamt mit Masken – die Bühne im Herkulessaal betraten, waren sie nach der monatelangen Pause eines der ersten Orchester, das hier wieder auftrat. Zum Singen und Spielen durfte der Mundschutz abgenommen werden, doch wie die Sänger bei jedem Auf- und Abtreten von der Bühne zum Mundschutz griffen, hatte fast schon etwas Operettenhaftes. Da bekam die Arie aus Verdis „Maskenball“ eine ganz neue Bedeutung.
Die 47 Orchestermitglieder, davon 25 Streicher, saßen locker über die Bühne verteilt. Und auch im Publikum war es ungewohnt leer, jede zweite Reihe musste frei bleiben sowie drei Stühle zwischen den Gästen. Dahinter stand ein ausgeklügeltes Hygienekonzept mit gestaffeltem Einlass, Pfeilen auf dem Boden und Erfassung der Kontaktdaten.
Doch auch wenn nur knapp 200 Besucher in fast schon familiärer Atmosphäre dem Konzert lauschen durften: Der Applaus klang, als seien alle Stühle besetzt.
Das nächste Konzert der Jungen Münchner Symphoniker findet am Samstag, 21. November 2020 um 19 Uhr im Herkulessaal der Residenz München statt. Auf dem Programm stehen „Die Unvollendete“ D 759 von Franz Schubert, das 1. Hornkonzert in Es-Dur op.11von Richard Strauss und die Hebriden-Ouvertüre op.26 von Felix Mendelssohn Bartholdy.
(wegen erneutem Lockdown leider ausgefallen)